Skip to content

Interview: Johann Zarco – „Wenn Du Deinen Job machst, kannst Du gewinnen!“

Wer dem Ajo Motorsport-Piloten Johann Zarco im Fahrerlager begegnet, erlebt einen ruhigen und eher zurückhaltenden Fahrer, der trotz Vizeweltmeistertitel (125ccm) und Weltmeistertitel in der Moto2 keine Starallüren hegt, sondern sich immer sehr fannah gibt.

Auch in Deutschland hat der Franzose unter den Jüngsten seine Anhänger. Speziell beim Grandprix am Sachsenring, wo Fannähe von Haus aus gelebt wird, stellten wir diesmal die Anfrage ob wir nicht einen solchen speziellen Fan und gleichzeitig Nachwuchspiloten zum Interview mit ihm mitbringen dürften. „Das machen wir!“ lautete die kurze und knappe Antwort seines Pressesprechers und so fanden wir uns mit einem aufgeregten, elfjährigen Jungen an der Box des Teams Ajo Motorsport wieder.

Die Begrüßung verlief sehr herzlich, die plötzliche Nähe zu seinem Idol sorgte jedoch dafür, dass unser Begleit-Reporter zunächst etwas eingeschüchtert wirkte. Somit blieb es bei uns die ersten Fragen an Johann Zarco zu stellen. Natürlich war mit dem Thema Nachwuchs sofort eine gemeinsame Interessenlage gefunden, denn wie vermutlich nicht jeder Circuit -Leser und Rennsportinteressierte weiß, betreibt der 26-Jährige die „Ecole PW50“, ein Projekt für Kinder im Motorradrennsport.

„2012 haben wir damit angefangen besonders auf Kinder im Motorradrennsport zu achten und machen seit 2014 auch Wettbewerbe für sie“, erklärte Johann Zarco. „Mit der Rennschule befinden wir uns nun in unserem dritten Jahr, Schritt für Schritt kommen mehr jüngere Fahrer dazu. Wir investieren viel Zeit für dieses Projekt und wollen damit zeigen dass so was nicht nur in Spanien geht, sondern auch in Frankreich möglich ist.“

Die Idee so ein Projekt auf die Beine zu stellen sei jedoch mehr von Seiten seines Coachs Laurent Fellon gekommen, mit dem Johann Zarco seit 2003 zusammenarbeitet. „Es war möglich mit ihm, einem Franzosen die Meisterschaft zu holen und es sollte auch mit anderen möglich sein, “ erklärte er Fellons Beweggründe. Unterstützung bekomme das Projekt dabei von unterschiedlichen Strecken oder Sponsoren, die helfen mit Yamaha ein gutes Paket für die Nachwuchsfahrer zusammen zu stellen, welches nicht zu teuer wird. Dabei ist die Situation für den Motorradrennsport in Frankreich ähnlich schwierig gelagert.

„Wir sind nicht weit von Spanien entfernt und können sehen wie gut die Mentalität in Spanien ist um Rennen für Kinder zu machen. Wir wollen dasselbe in Frankreich tun aber das Schwierigste ist die Meinung der Menschen zu ändern, “ erklärte der Franzose. „Wir hoffen jedoch dass wir sie ändern können und nutzen für dieses Projekt natürlich auch, dass wir an der Spitze der Meisterschaft stehen. Wir wollen erreichen, dass die Kinder davon träumen. Aber ein Jahr ist nicht genug um zu träumen und Träume zu erreichen. Es gibt viele gute spanische Fahrer und ich hoffe wir können den Traum viele Jahre für die Kinder erhalten, “ führte Johann Zarco aus.

Den Traum es bis ganz nach oben einmal im Rennsport zu schaffen, haben auch Minibiker wie der elfjährige Freddie Heinrich aus Berthelsdorf, der zum ersten Mal am Sachsenring auf sein Vorbild Johann Zarco traf und ganz gespannt dem Gespräch bisher lauschte.

Was müsste ein junger Fahrer wie Freddie denn tun um es an die Spitze zu schaffen, wollen wir daher von Johann Zarco wissen. „Es ist schwer zu sagen dass es nur einen Weg gibt. Es ist wichtig viel zu trainieren, unter guten Bedingungen und dass man nicht denkt, dass ein gutes Bike alles ist, “ antwortete dieser und blickte zu Freddie. „Du musst immer an dir arbeiten um ein besserer Fahrer zu werden und dann bist du vielleicht so weit einmal im Red Bull Rookies Cup zu fahren, mit 15–16 Jahren. Der Red Bull Rookies Cup ist ein guter Cup um viele Strecken kennenzulernen und zu sehen ob Du gut bist, “ erklärte Johann Zarco dem Minibiker, der sich darauf hin traute ebenfalls einmal bei seinem Vorbild nachzuhaken. „Fährst Du denn auch Motocross oder trainierst Du auch mit einer Supermoto wie ich“, erkundigte sich Freddie Heinrich bei dem Kalex-Piloten. „Motocross nicht aber ich fahre Supermoto“, beantworte dieser die Frage. „Es ist sehr spaßig aber auch interessant, denn Supermoto fährt man auf einer Gokart-Strecke, die sehr schmal für die Maschinen ist und man braucht einiges um die Strecke gut zu passieren.“

Auch der Berthelsdorfer kann diese Erfahrung mit dem Moto2- Weltmeister teilen, denn der junge Rennsportler trainiert regelmäßig auf verschiedenen Bikes und Strecken um für die Minibike-Läufe fit zu sein. Einmal warm geworden, ist die anfängliche Zurückhaltung dann doch recht rasch überwunden und die nächste Frage drängte sich auf. „Wie bist Du eigentlich zum Rennsport gekommen“, erkundigte sich Freddie weiter.

„Es begann als ich neun Jahre alt war und da gab es eine Möglichkeit für zehn Euro zehn Minuten Motorrad zu fahren und ich fragte meinen Vater ob ich es probieren dürfte. Es war sehr nah an meinem zuhause und so nutzte ich oft die Möglichkeit immer mal zehn Minuten Motorrad zu fahren. Dort sagte man mir, wenn ich

richtig fahren will, sollte ich in einen Motorclub gehen und das tat ich dann auch. Mit 14 Jahren traf ich meinen heutigen Coach und er sagte zu mir, wenn du ein richtiger Fahrer werden willst, musst du dies und das tun und das habe ich dann auch gemacht und konnte an verschiedenen Meisterschaften in Europa teilnehmen“, erklärte Johann Zarco dem jungen Nachwuchsfahrer. Der 26-jährige Franzose hat seinen Weg gemeistert und sich 2015 den Titel in der Moto2- Klasse gesichert. Sein spannendstes Rennen bestritt er jedoch wenige Jahre zuvor im WM-Kampf mit Nicolás Terol. „2011 in der 125ccm Klasse war ich so happy als ich um den Titel mit Nico in Malaysia kämpfte. Ich wusste wenn ich vor Nico Terol ins Ziel komme, kann ich bis Valencia um den Titel kämpfen. Wenn er aber vorn ist, ist er Champion. Am Ende war ich auf dem Podium und er hinter mir und ich war so erleichtert, denn ich wusste ich hatte noch eine Chance auf den Titel.“

Dass ein Meisterschaftstitel somit nicht von ungefähr kommt, dessen ist sich Freddie bereits bewusst, denn auch im ADAC Minibike Cup geht es mitunter schon sehr hart zur Sache und man muss sich gegen einige Konkurrenten durchsetzen. „Wie oft trainierst du denn und hast Du denn selbst auch Kinder“, lautete die nächste Frage des Minibikers.

„Kinder habe ich leider keine“, erwiderte Johann Zarco lachend. „Aber ich nutze das Wochenende für die Kinder aus dem Projekt um mit ihnen zu arbeiten. Und wenn ich zu Hause bin, ruhe ich mich meist den ersten Montag aus und habe danach meist Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und den nächsten Montag vor dem Rennen um zu trainieren. Ich mache jeden Tag etwas körperliches Training und versuche zweimal die Woche auf dem Bike zu sein um das Gefühl zu behalten.“

Doch nicht nur die Vorbereitung vor einem Rennen ist wichtig, auch im richtigen Moment einen klaren Kopf zu behalten, gehört nicht nur in der Motorradweltmeisterschaft dazu. „Ich fokussiere mich nur auf das was ich tun muss und versuche nicht zu viel nachzudenken. Wenn du deinen Job gut machst, dann kannst du auch gewinnen. Wenn du zu viel denkst, machst du dir zu viel Druck“, rät Johann Zarco ihm und wird etwas ernster. „Wenn du weißt was dutun musstkannst du besseratmen undrelaxterbleiben. Es ist wie Hausaufgaben in der Schule, du musst das und das tun. Wenn du einen guten Job machst, gut bremst, gut am Gas bist, aggressiv auf dem Bike bist und deine Hausaufgaben erledigst dann kannst du auch gewinnen.“

Text und Foto: Doreen Müller-Uhlig

erschienen in der Circuit 01.06.2017

Schreibe einen Kommentar