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Seitenwagen-Kolumne: Frohburg wirft seine Schatten voraus

Lange habe ich überlegt, ob ich zu dem folgenden Sachverhalt etwas schreiben möchte. Um vorneweg eines klar zu stellen: mir liegt nichts daran Jemandem umgangssprachlich ans Bein zu pissen, nein auch in der Journalisten-Branche gibt es eine Art Ehrencodex, auch wenn man dies kaum glauben mag. Irgendwo möchte ich mir jedoch aber auch etwas Luft verschaffen und meiner Pflicht nachkommen zu informieren, zumal dieses Thema nahezu totgeschwiegen wird. Worum es geht? Um die Absage des Frohburger Dreieckrennens!


Wer mir auf Racetrack News folgt, der kennt mich als „rasende Reporterin“ mit einer Vorliebe für die Seitenwagen-Szene. Schon in diesem Jahr schrieb hierüber eine Kolumne und erklärte dem aufmerksamen Leser warum es sich lohnt die Seitenwagen zu besuchen und diese unterschätzte Sportart nicht abzuschreiben. Es ist schwierig in der heutigen Zeit eine Randsportart, wie die Sidecars immer wieder gern bezeichnet werden, mehr zum Leben zu „erwecken“ oder mehr Interessenten zu gewinnen. Hierzu bedarf es nicht nur unerschütterliche, mutige Menschen, die sich in so ein Gespann setzen, egal wie weit der Weg zum nächsten Rennen ist. Es bedarf auch treue Fans, die einem an der Strecke den Rücken stärken, oder Medien, die das Geschehen ins rechte Licht rücken und es braucht in erster Linie Kooperationspartner, ohne die dieser Sport nicht wachsen kann.

Kooperationspartner wie Veranstalter, die sich trauen, die Seitenwagen in ihr Programm zu nehmen und die sich nicht scheuen im Fahrerlager den Kontakt zu den offenen und fannahen Teams zu suchen. In keiner Klasse der Welt kann man, egal ob in der Einsteigerserie der Sidecar Trophy, der IDM oder der Weltmeisterschaft so nah an Teams und dem Sport dran sein wie in der Seitenwagenszene. Überall wird man jederzeit herzlich aufgenommen. Es herrscht ein Gemeinschaftsgefühl, was jeder der dies einmal kennengelernt hat zu schätzen weiß. Auf und neben der Strecke sind diese Maschinen auf drei Rädern „der“ Hingucker schlecht hin. Überall bleiben die Besucher stehen, um gespannt und interessiert einmal einen Blick unter die Verkleidung werfen zu können oder sich technische Details erklären zu lassen.

Auf der Strecke zeigt sich dann ein Schauspiel an Akrobatik. Der eine kann dies natürlich mehr als der andere, das ist klar. Es sieht aber immer wieder bemerkenswert aus, wenn ein Beifahrer nur Millimeter mit dem Hintern über dem Asphalt schwebt oder sich in einer Kurve weit über die Seite lehnt oder sich hier und da gegendrückt nur damit die schnellen Kisten nicht aufsteigen. Keiner kann behaupten, dass dieser Sport langweilig ist. Wer es dennoch tut, der stand anscheinend noch nie hautnah neben der Strecke um es sich anzuschauen!

Für mich ist es daher unerklärlich, wie ein Veranstalter so eine tolle, beliebte Serie nach jahrelanger guter Zusammenarbeit aus dem Programm nehmen kann! Wie jemand so offensiv nein sagen kann ohne sich der Botschaft, die er damit verbreitet klar zu sein. Seit 1993 zählten die Gespanne quasi wie selbstverständlich zum Frohburger Dreieckrennen dazu. Unzählig Rennsportliebhaber pilgerten Sonntags extra ihretwegen an die sächsische Traditionsstrecke. Doch Tradition scheint heute anscheinend nicht mehr viel wert zu sein! Natürlich lagen die Seitenwagen gern mal auf dem nicht ungefährlichen Kurs in der Kritik, nicht zuletzt wegen heftiger Unfälle, die sich im Rennverlauf ereigneten. Doch sind wir mal ehrlich, auch die Solofahrer packte es nicht weniger dramatisch auf die Nase! Rennsport ist gefährlich und jeder der dort an den Start geht, weiß darum!

Nun ereignete es sich also, dass nach einer erneuten Streckenabnahme nur noch 20 Gespanne in Frohburg an den Start gehen dürften. Im Umkehrschluß lautete also die Reaktion, dass diese Klasse für den Veranstalter nicht mehr finanzierbar sei. Zumindest war dies die Begründung mit der die Seitenwagen für dieses Jahr aus dem Programm des Frohburger Dreieckrennens 2017 gestrichen wurden und dies nicht ganz zweieinhalb Monate vor der Veranstaltung!

Eine offizielle Stellungnahme seitens des Veranstalters blieb selbst auf Nachfragen aus! Auch auf den Internetportalen ist hierzu keine Stellungnahme zu finden, am Orteinsgang prangern nach wie vor Werbeschilder, welche auch auf die Seitenwagen hinweisen. Eine richtige Information für Besucher, dass es in diesem Jahr also keine Seitenwagenklasse gibt, die beim 55. Frohburger Dreieckrennen an den Start geht, ist nirgends zu finden. Es wird einfach totgeschwiegen. Das böse Erwachen kommt dann für diejenigen, die bereits alles für das Wochenende geplant haben haben oder ihre Unterkunft gebucht haben und ihren Jahresurlaub eingeteilt hatten.

Sogar WM-Teilnehmer, Deutsche Meister und heutige IDM-Teams nutzten das Wochenende um sich in Frohburg zu beweisen und vor zahlreichen Fans ihre Zweikämpfe auszutragen. Zumindest in diesem Jahr wird es nun das nicht geben! Selbst bei den Classics am darauffolgenden Wochenende wird man auf die Dreiräder verzichten.

Schade, ich hatte  mir erhofft, dass unter Motorsportfreunden zumindest eine offizielle Information hätte drin sein müssen. Eine Erklärung an die Medien oder an die Besucher, die mit den Seitenwagen rechnen. Ich hätte mir mehr Professionalität erwartet mit so etwas umzugehen. Über dieses Gebaren bin ich somit äußerst erstaunt. Nachdem jahrelang die Seitenwagen Besucher anlockten, soll aus finanziellen Gründen nun einfach damit Schluß sein. Auch wenn es einen sicherheitstechnischen Hintergrund gibt, hätte man auch gemeinsam an einer Lösung arbeiten können? Doch war dies gewollt? Man weiß es nicht, denn der Veranstalter schweigt sich aus. Schade. Was ist dies für eine Botschaft an die Außenwelt? Was bedeutet dies für eine Klasse wie die Seitenwagen und die Zukunft?

Und zu guterletzt: was bedeutet dies für das Frohburger Dreieckrennen und dessen Tradition und Rennsportgeschichte? Es wirft Schatten auf die kommende Veranstaltung und vielleicht zieht es auch einen Besucherschwund nach sich. Ob es sich noch lohnt nach Frohburg zu fahren, sollte an dieser Stelle schließlich jeder für sich selbst entscheiden,….

Für alle die, die sich jetzt fragen wo wird denn nun das Finale der Sidecar Trophy ausgetragen, dem sei versichert, dass dafür von den Trophy-Organisatoren bereits eine Alternative bekannt gegeben worden ist:  vom 07. bis 08. Oktober 2017 wird somit der letzte Wertungslauf in der Motorsportarena in Oschersleben ausgetragen.

Zum Schluß meiner Kolumne bleibt mir nur eines: dem Veranstalter viel Erfolg und ein unfallfreies 55. Frohburger Dreieckrennen zu wünschen, auch wenn mit den Seitenwagen ein Highlight der Veranstaltung fehlen wird.

Text und Foto: Doreen Müller

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