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Sidecar Trophy: Rennsport-Krimi beim Finale in Hockenheim

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Die finalen Läufe der Internationalen Sidecar Trophy in Hockenheim hielten dass, was sie den angereisten Teams und Gespannfreunden von Anfang an versprachen. Die Seitenwagen lieferten sich spannende Zeitenkämpfe und Duelle, aber es gab auch minder schöne Seiten, die zum Rennsport jedoch dazu gehören.

Der Freitag begann mit einem Freien Training, welches einige Teams nutzten, um sich mit der Kurzanbindung vertraut zu machen. Für Günter Gloeden und seine Beifahrerin Carolin Zimmermann war recht schnell das Wochenende beendet, den bereits nach den ersten gefahrenen Runden streikte der 600er Motor des Berliner Duos und zwang sie zur vorzeitigen Aufgabe.

Den Abschluß des Tages bildete anschließend eine Gedenkminute in der Sachs-Kurve, bei der an den verunglückten Seitenwagen-Piloten Steve Norbury gedacht wurde, der auf den Tag genau vor 10 Jahren bei einem Gespannrennen dort sein Leben verlor.

Der Quali-Tag

Frischen Mutes gingen die Teams am darauffolgenden Morgen in das erste gewertete Qualifying. Doch bereits nach zehn Minuten wurde die Session plötzlich mit rot geschwenkter Flagge abgebrochen. Eingangs SWR 3-Kurve hatte sich das schwarz-gelbe Gespann von Remy Gasche und Steffen Werner gedreht, die dahinter folgenden Gaststarter aus Schweden Dombernowsky/Rekola konnten nicht mehr ausweichen und fuhren auf das Gespann auf. Beide Beifahrer wurden dabei aus dem Beiwagen geschleudert, Beifahrer Steffen Werner landete dabei recht unsanft auf den Kerbs und wurde anschließend mit Rettungshubschrauber ins Klinikum gebracht.

Wenig später sollte ein komplizierte Hüftfraktur festgestellt werden, die sofort operiert wurde. Beifahrer Anssi Rekola kam hingegen mit dem Schrecken und Prellungen davon und stand wenige Stunden später wieder im Fahrerlager. Aber auch er konnte am zweiten Qualifying nicht mehr teilnehmen.

Für Steffen Werner fand sich dankenswerterweise Ersatz in Sophie Sattelberger, die 2018 mit Tassilo Gall die WM bestritt und Remy Gasche aushalf, damit dieser nicht aus dem Titelkampf der 1000er ausschied. Bei den nordischen Startern sprang hingegen Bernd Hegwer aushilfsweise ins Boot, er kam jedoch erst im Rennen am Folgetag zum Einsatz. Das zweite Qualifying verlief schließlich ohne weitere Zwischenfälle und brachte einige Überraschungen in der Zeitenliste zu Tage.

Mit 1:14.193 legten die F2-Champions Enrico Wirth und Ronny Uhlig ein echte Fabelzeit hin, an die kaum ein herankommen war. Die Führenden in der 1000ccm Wertung Tomas Axelsson und Artis Neilands bildeten zwar bei den F1-Gespannen das schnellste Duo, blieben jedoch mit 1,6 Sekunden hinter den Ostdeutschen. Über ein hervoragendes Quali-Ergebnis konnten sich indes Markus Schwegler und Steffen Rähder auf Position 3 freuen. Dombernowsky/Rekola hatten zwar in der Gesamtwertung die viertschnellste Rundenzeit noch aus dem ersten Quali, die für sie sprach, doch aufgrund des Beifahrerwechsels und dem nicht absolvierten zweiten Quali büßten die  Schweden ihren Startplatz ein und mussten sich ganz hinten ins Grid stellen. Somit führten Schaffter/Bannwart die zweite Startreihe an, gefolgt von Felix Bereuter und Andy Kolloch vor Norbert und Sören Kirst.

Das 1. Rennen

Der Rennsonntag wartete schließlich mit perfekten Wetterbedingungen auf die 21 Starter. Als die Startampel erlosch, galt es 12 Runden auf dem engen Kurs zu überstehen und von Anfang an Meter gut zu machen, um unbeschadet durch die erste Runde zu kommen und sich eine gute Ausgangsposition zu verschaffen. Tomas Axelsson und Artis Neilands erwischten einen guten Start und zogen an den Polesettern vorbei, auch Felix Bereuter und Andy Kolloch machten Meter gut und kamen bis auf den zweiten Rang vor. Dahinter kamen Wirth/Uhlig als Dritte aus der ersten Runde. Markus Schwegler und Steffen Rähder hatten hingegen beim Start leicht den Anschluß verloren und hatten direkt Martin Schaffter und Erwan Bannwart hinter sich. Den schlechtesten Start erwischte jedoch Belgier Kurt Gusse, bei dem Nadja Milsten als Beifahrerin einsprang. Das Bushido Riders-Gespann hatte ordentlich Wheelspin und kam so nur schwer vom Fleck, anschließend musste sich das Duo von hinten durchs Feld arbeiten und erwischte so nach und nach 2-3 Kontrahenten.

Indes ging vorn der Kampf um den Sieg weiter. In der dritten Runde machten Wirth/Uhlig Ernst und schnappten sich die vor ihnen liegenden Mitstreiter. Ende Start Ziel bevor es in die scharfe Rechtskurve auf die Anbindung ging, passierte Enrico Wirth das führende Gespann und übernahm damit die Spitze. Wirth/Uhlig legten anschließend noch einen Zahn zu und brachten Runde für Runde mehr Abstand zwischen sich und Axelsson/Neilands. Mit einer 1:13.166 in Runde 5 knackten sie anschließend die Streckenbestzeit des Wochenendes. Zwei Runden vor Schluß standen schließlich die ersten Überrundungen an. Beide kamen gut an Szczepanski/Frey vorbei, auch Axelsson/Neilands hatten keine Probleme die Gaststarter zu überholen. Als Wirth/Uhlig die vorletzte Runde einläuteten, folgte der plötzliche Rennabbruch.

Felix Bereuter und Andy Kolloch hatten nicht soviel Glück beim Überrundungsvorgang und stießen mit Szczepanski/Frey Ende der Kurzanbindung zusammen. Das Gespann wurde dabei von der Strecke geschoben, überschlug sich und blieb auf dem Dach liegen. Beide wurden sofort medizinisch versorgt und zur Kontrolle in naheliegende Kliniken gebracht, Felix Bereuter und Andy Kolloch hatten Glück im Unglück und kamen mit diversen Prellungen und Schäden an der Verkleidung des Gespannes davon.

Das Rennen wurde danach mit dem Stand der abgeschlossenen neunten Runde gewertet. Der Gesamt- und Klassensieg ging somit an Enrico Wirth und Ronny Uhlig, vor Tomas Axelsson und Artis Neilands, die in der Trophy 1000-Wertung als Sieger feststanden. Felix Bereuter und Andy Kolloch wurden noch als Drittplatzierte gewertet und holten sich die Punkte für den zweiten Platz bei den 1000ccm.

Martin Schaffter und Erwan Bannwart erhielten den zweiten Platz in der Trophy 600-Wertung. Das Podium komplettierten dort Norbert und Sören Kirst, die sich gegen mehrere Kontrahenten durchsetzten. Als Gesamtsechste überquerten die französischen Gäste Lequen/Lequen die Start-Ziel-Linie vor den Dänen Caspersen/Munk und Chris Baert mit Ronja Mahl, die sich den dritten Platz in der Trophy 1000-Wertung sicherten. Detlef Rößler und Werner Leo Lüttke wurden als 9. abgewunken, Krauß/Braunshausen komplettierten die Top Ten.

Die Vierergruppe um Damaschke/Sabaschus (11.), Baur/Baur (12.), Heck/Manz (13.) und Siegel/Billich (14.) lag lange Zeit dicht beieinander, dort wäre es ohne Rennabbruch sicher auch noch zu dem ein oder anderen Punktekampf gekommen. Rainer und Tanja Crome wurden 15te, Gusse/Milsten 16., Gasche/Sattelberger 17. und Szczepanski/Frey trotz Ausfall noch als 18. gewertet.

Drei Gespanne sahen hingegen das Ziel nicht: Dombernowsky/Hegwer gaben vorzeitig auf, da Beifahrer Bernd Hegwer trotz vollem Einsatzwillen an seine konditionellen Grenzen stieß, Jensen/Jensen zwang ein technisches Problem zur Rennaufgabe und auch für  Markus Schwegler und Steffen Rähder war in der sechsten Runde Schluß. Ihre Diva verdiente sich damit zurecht den Beinamen „Ölkännchen“, denn erneut war es ein Problem mit der Ölversorgung, welches die Königswarthaer aus dem Rennen nahm.

Das 2. Rennen

Am Nachmittag war aufgrund diverser Ausfälle das Starterfeld bereits auf 16 Teilnehmer geschrumpft und auch im zweiten Rennen sollten nicht alle Gespanne die Ziellinie erreichen. Den Start entschieden erneut Tomas Axelsson und Artis Neilands für sich, wenn auch ein 600er Gespann aus dem Mittelfeld für Aufregung sorgte. Detlef Rößler und Werner Leo Lüttke erwischten einen Granatenstart und zogen an ihren Kontrahenten nur so vorbei bis auf Position 2. Wenige Kurven später wurden sie zwar durch Wirth/Uhlig einkassiert und auch Schaffter/Bannwart gingen an ihnen vorbei, das Duo hielt jedoch den Anschluß auf Platz 4 liegend Runde für Runde und biss sich durch.

Norbert und Sören Kirst hatten indes diesmal das Nachsehen. Das norddeutsche Vater-Sohn-Duo kam nicht gut aus der ersten Runde und büßte auf Position 12 liegend einige Plätze ein. Für Kirst/Kirst ging es auf Aufholjagd. Zunächst gingen sie in der Sachskurve innen an Siegel/Billich vorbei und holten sich anschließend Baur/Baur, Gusse/Milsten, Krauß/Braunshausen und Baert/Mahl. Drei Runden vor Schluß hatten Kirst/Kirst die vor ihnen liegenden Detlef Rößler und Werner Leo Lüttke bereits im Blick und waren eine Runde später an den Beiden vorbei.

An der Spitze hatten sich indes Wirth/Uhlig gegen Axelsson/Neilands gleich zu Beginn durchgesetzt. Tomas Axelsson versuchte zwar mit ein, zwei Attacken gegen zu halten, hatte jedoch keine wirkliche Möglichkeit zu kontern. Mit konstanten 1:14er Rundenzeiten fanden Wirth/Uhlig anschließend schnell ihren Rhythmus und fuhren einen Vorsprung von knapp 10 Sekunden heraus. Während der Gesamtsieg somit klar erneut an Enrico Wirth und Ronny Uhlig ging, wurden im Mittelfeld noch Kämpfe ausgefochten. Rainer und Tanja Crome setzten sich gegen Markus Heck und Rene Manz mehrere Runden zur Wehr, Heck/Manz kamen schließlich Ende der Sachs-Kurve an Crome´s vorbei und sorgten damit für lautstarken Jubel bei den angereisten Fans des Heart Attack-Teams.

Auch Chris Baert und Ronja Mahl hatten bis zum Schluß Bernd Krauß und Axel Braunshausen hinter sich, in der letzten Runde kam es zu mehreren Berührungen. Das Duo Krauß/Braunshausen bemerkte die gelbe Flagge in der letzten Kurve anscheinend nicht und fuhr auf Baert/Mahl auf. Während Krauß/Braunshausen sich drehten und der Beifahrer im Gras landete, war auch beim Gent Express mit kaputten Rad und defekter Aufhängung an eine Weiterfahrt nicht zu denken. Mit letzter Kraft schob Beifahrerin Ronja Mahl das ramponierte Gespann über den Zielstrich und das Team rettete damit den dritten Platz in der Trophy 1000-Wertung.

Insgesamt 12 Gespanne wurden mit der Zielflagge abgewunken: Kurt Gusse und Nadja Milsten fielen in der sechsten Runde aus, Caspersen/Munk kamen nur auf drei Runden, auch Damaschke/Sabaschus wurden nicht gewertet. Auf dem Podium standen somit bei den 600ern erneut Enrico Wirth und Ronny Uhlig (1.) vor Schaffter/Bannwart (2.) und Kirst/Kirst (3.). In der Trophy 1000-Wertung siegten Tomas Axelsson und Artis Neilands. Sie kürten sich damit zum Trophy 1000-Meister 2018. Platz 2 ging an Remy Gasche und Sophie Sattelberger vor Chris Baert und Ronja Mahl, gleiches gilt für die Platzierung in der Gesamtwertung.

Stimmen aus dem Fahrerlager

Tomas Axelsson (Trophy 1000 – Wertung 2x Platz 1)
„Wir hatten einen guten Start, schließlich konnten wir das ja die ganze Saison über gut üben. Dieses Wochenende hatten wir zudem auch einen Motor, der gut funktionierte. Es hat viel Spaß gemacht. Es war ein enges Rennen und die Strecke ist auch sehr schmal gewesen, deswegen wollten wir nicht zuviel riskieren im Kampf mit Enrico. Enrico ist der Champion der 600er Klasse und wir der 1000er Klasse, wieso sollten wir zu viel Risiko eingehen? In den ersten Kurven hab ich es zwar versucht, der Racer in einem will natürlich kämpfen und im zweiten Rennen waren wir auch näher an ihm dran, aber ich entschied mich nicht zu kämpfen, sondern sicher die Zielflagge zu erreichen. Es war ein perfektes Ende für diese Meisterschaft. Für nächstes Jahr müssen wir schauen wie es weitergeht und wo wir fahren, das ist auch letztendendes eine finanzielle Frage! Wir brauchen einfach auch Sponsoren!“

Norbert Kirst (Trophy 600 – Wertung 2x Platz 3)
„Beim zweiten Rennen war ein ganz schönes Gedrängel am Start und ich habe durch die erste Kurve durch einige Plätze verloren, auf der zweiten Kurve zu war der Franzose vor mir und hat sich gedreht. Ich musste stark in die Bremse gehen und wir sind beide rausgerutscht, ohne Berührungen. Die anderen sind durch und wir anschließend dem Feld wieder hinterher und haben uns weiter nach vorn gekämpft. Ich habe Detlef schon vor mir gesehen und vor Start-Ziel war ich direkt im Windschatten, bin dann auf der Geraden hinter ihm her und Ende Start-Ziel ausgebremst. Ein typischer Überholpunkt an dieser Stelle. Zuvor konnte ich in der Spitzkehre einige überholen, denn soviel Punkte gibt es hier nicht, wo man überholen konnte.“

Detlef Rößler (Trophy 600 – Wertung Platz 5 & 4)
„Das Wochenende lief gut für uns, wir haben uns nach und nach weiter nach vorn gearbeitet. Mein Beifahrer Werner arbeitet sehr an sich und lernt viel dazu, wir bekommen viel Tipps von anderen Beifahrern und bekommen Einweisungen. Wir nehmen jeden Input von außen dankend an, wie man die Kurve fährt und analysieren viel, schauen viel Videos an und so arbeiten wir uns Tippeltappel-Tour vor. Wir wollen nichts mit der Brechstange ran gehen. Natürlich wollen wir mehr am Hahn drehen, aber nur was ich auch wirklich auf die Strecke bekomme. Für das nächste Jahr müssen wir Kräfte mobilisieren um weiter machen zu können. Wir wollen gern weiter zusammen fahren, denn in den letzten drei Jahren haben wir uns viel zusammen erarbeitet!“

Nadja Milsten bei Kurt Gusse im Boot (Trophy 1000 – Wertung Platz 7 & DNF)
„Im ersten Rennen hatten wir mit Wheelspin beim Start zu kämpfen und auch in den folgenden Rechtskurven immer wieder dieses Problem. dadurch verloren wir viele Plätze. Zusätzlich landeten wir einmal im Gras und wir mussten einen Re-Start machen. Von der letzten Position aus gelang es uns anschließend noch zwei Kontrahenten einzuholen bevor das Rennen mit roter Flagge unterbrochen wurde. Der zweite Start lief dann besser – kein Wheelspin! Doch dann hat unser Motor Power verloren und wir standen plötzlich. Bis dahin war es allerdings ein gutes Rennen und wir hatten eine gute Platzierung im Feld.“

Markus Heck (Trophy 600 – Wertung Platz 8)
„Jürgen und Jürgen sind leider ausgefallen. Dafür hatte ich einen schönen Fight mit Rainer und Tanja Crome. Das hat viel Spaß gemacht. Irgendwann hat er sich verschalten, wie er mir gerade verraten hat und dann war ich vorbei und er konnte mich nicht mehr kriegen. Wir hatten diesmal viele Fans mit dabei, die uns zusätzlich motiviert haben. Auch wenn wir nicht ganz vorn waren, waren wir zumindest ganz laut.“

Rainer Crome (Trophy 1000 – Wertung Platz 6 & 4)
„Nach dem Red Bull Ring hatte ich viel Arbeit am Gespann vor mir. Ich musste den Motor bauen und die Verkleidung kleben. Letztes Wochenende sind wir noch Trial Meisterschaft im Sidecar in Bretz gefahren und somit fehlte uns etwas die Zeit. er Motor läuft jetzt jedoch gut, allerdings haben wir noch Probleme mit der Kupplung, sie rutscht. Jetzt haben wir aber die Leistung, die wir brauchen. Nächstes Jahr wollen wir die gesamte Trophy fahren, wir wollen schauen was wir erreichen können, wenn wir alle Läufe fahren.“

Felix Bereuter (Trophy 1000 – Wertung Platz 2 & DNS)
„Wir hatten eigentlich einen guten Start und sind direkt auf Platz 2 gekommen und konnten gute Runen fahren. Das Rennen lief gut für uns, bis wir dann auf einen zu Überrundeten aufgelaufen sind und es hat nicht gepasst. Ich weiß nicht mehr genau, wer rüber gezogen ist. Ich habe ihn erwischt und wir sind weggeflogen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich komplett auf dem Rücken lag, aber der Kombi sagt etwas anderes. Wir haben Glück gehabt! Der Ausflug ins Krankenhaus war rein prophylaktisch. Wir haben beide einige Prellungen und Stauchungen, die merkt man jetzt natürlich.

Den Endstand in der Punktewertung könnt Ihr HIER einsehen.

Text und Fotos: Doreen Müller-Uhlig

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