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Champions Undercover – der Weg zur TT führt für Tim Reeves über Schleiz

Zwei Jahre lang drehte sich überall auf der Welt fast kein Rad mehr im Motorsport. Die pandemiebedingte Pause setzte der Rennsportszene in den vergangenen Monaten mächtig zu, sehr viele Veranstaltungen fielen komplett aus oder fanden nur unter höchsten Anstrengungen statt. Auch auf der „Isle of Man“ und auf dem Schleizer Dreieck erklang zwei Jahre lang kein Motorenlärm, doch dieses Jahr verspricht alles wieder besser zu werden.

Es darf wieder Rennen gefahren werden, sowohl bei der Tourist Trophy wie auch auf Deutschlands ältester Naturrennstrecke in Schleiz. Doch wieso bringen wir in diesem Beitrag, diese beiden ganz besonderen Strecken zueinander.

Was verbindet Schleiz und die „Isle of Man“ miteinander? Auf jeden Fall die Liebe zum Straßenrennsport und für zwei „Champions Undercover“ auch der innige Wunsch bei der diesjährigen TT mit starten zu können.

Mit einem, der beiden „geheimen“ Teilnehmer haben wir uns nach dem Sprintrennen am Samstag unterhalten. Was eigentlich als Renn-Revue gedacht war, endete dann doch in einem längeren Gespräch über (fast) zerstörte Pläne, (fast) geplatze Hoffnungen, neue Chancen, alte Rivalen und der eigentlichen Frage, was einen antreibt.

(Um keine Aussagen zu verfälschen oder etwas fehl zu interpretieren, haben wir uns erlaubt das Gespräch im Original zu belassen.)

Tim, schön Dich in Schleiz hier bei der Internationalen Sidecar Trophy zu sehen. Kannst Du uns berichten, wie das Wochenende bisher für Dich lief und was Euer Plan für dieses Wochenende ist, wofür Ihr hier seit?

Tim Reeves: „Wir sind gerade aus Übersee gekommen. Wir hatten das Motorrad bereit für die TT, doch dann hatten wir einen Crash in Hengelo. Das war ein ziemlich großer Schaden. Es war auch schon vorher unsere Idee, hierher zu kommen, und ich habe mit daher mit Eckart [Rösinger, Org. Sidecar Trophy] gesprochen , ob wir kommen dürfen. Wir sind hauptsächlich hier um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist und um einige Probleme zu überprüfen, und alles gut ist.“

Verlief denn alles bisher nach Plan für Euch?

Tim Reeves: „Im Rennen heute war es nicht unser Plan, die Zielflagge zu sehen, weil wir die Meisterschaft nicht ruinieren wollen und den Leuten nicht einen Platz wegnehmen wollen, weil es ihre Meisterschaft ist. Für uns ist ein Test. Der Plan war ohnehin, in der letzten Runde aufzuhören, aber wir haben viele kleine Dinge gefunden, die wir noch verbessern können, und natürlich müssen wir noch einige Dinge für Das Hauptrennen ändern, damit wir bereit für die „Isle of Man“ sind.

Für Deinen Beifahrer Kevin Rousseau wird es ja die erste Tourist Trophy sein. Wie fühlt es dich an für ihn? Wie geht es Kevin damit?

Tim Reeves. „Ja, es ist das erste Mal. Es geht ihm gut. Nichts macht ihm Angst. Er ist bereit und wirklich aufgeregt, das zu fahren, und ich hoffe, dass das Wetter gut sein wird und wir einige Probetrainings haben und er das wirklich gut lernen kann. Er war vor einem Monat vier Tage lang auf der „Isle of Man“ und hat einen Anfängerkurs mit Lee Cain, dem Beifahrer von John Holden, gemacht. Ich habe ihn danach gefragt, wie es mit Kevin war und er sagte, für einen Newcomer sei er ausgezeichnet. Er hat sehr gut gelernt und weiß, wo er hinmuss, was gut ist.“

Wie ist der Plan für das zweite Rennen am Sonntag?

Tim Reeves: „Wir müssen noch mehr Dinge ausprobieren und uns verbessern. Das war schon eine große Verbesserung heute, doch wir müssen noch ein paar Dinge ausprobieren. Ich will nicht mit einem schlechten Start in Schwierigkeiten kommen. Wenn ich einen schlechten Start habe, warte ich einfach, bis sich alle eingependelt haben. Wir haben einige Probleme gefunden, was gut war, und jetzt können wir versuchen, sie heute Abend zu verbessern, um sie morgen zu üben. Das war ein großer Schritt. Vor dem Sturz waren wir ja eigentlich schon startklar.“

Wie groß war der Schaden nach Eurem Crash? Musstet Ihr noch einmal komplett von vorn anfangen?

Tim Reeves: „Für uns war es einfach ein Desaster. Ich habe zwei Jahre damit verbracht, das Motorrad zu bauen, und in einem sehr schnellen Moment, den ich nicht vermeiden konnte, war es dahin. Normalerweise weißt Du, wenn Du mit Jemandem Rennen fährst mit dem Du bei gleicher Geschwindkeit bist und hast dann einen Unfall, dann akzeptierst Du es, aber wenn man sechs Sekunden schneller ist als jemand und einen schlechten Start hat und durch das Feld kommt, überholt den anderen und der lässt einen nicht durch. Das war in dem Moment so frustrierend für mich, die ganze Zeit und das Geld und am Ende hatte man den Schaden. Es kostete uns 5000 Euro mehr.“

Dass klingt, als hattet Ihr in den letzten Tagen jede Menge zu tun bevor Ihr herkommen konntet?

Tim Reeves: „Es war verdammt viel Arbeit, aber wir sind fertig geworden und haben diese Fahrt am Freitagmorgen noch bekommen.“

Was war denn alles zu tun?

Tim Reeves: „Die Karosserie war komplett Schrott. Wir haben alles auf den Kopf gestellt um die Karosserie fertig zu stellen und wir mussten jedes verlorene Teil überprüfen. Das kostet eine Menge Zeit. Wir sind teilweise um 3 Uhr nachts aufgestanden und haben früh das Motorrad lackiert und dann ging es los.“

Und nun seid Ihr wieder bereit für die TT?

Tim Reeves: „Yeah, we we are ready to go und hoffen dass wir uns gut schlagen werden. Das Bike, das Ben und Tom aufgebaut haben, ist unglaublich, es ist eine Ausnahme und richtig nah am Reglement gebaut. Sie sind sehr schnell.“

Normalerweise seid Ihr Beiden ja Rivalen, aber an diesem Wochenende habe ich Euch öfter miteinander im Zelt sprechen sehen. Tauscht Ihr Euch aus?

Tim Reeves: „In der ersten Nacht kamen wir um 3 Uhr nachts hier an und wir haben ein bisschen geredet und er hat gesagt, wir können kommen und uns das ansehen.“

Kannst Du uns für diejenigen, die den Reiz an der Tourist Trophy nicht kennen, einmal erklären was das Besondere an der TT für Dich ist und warum Du dort fährst?

Tim Reeves: „Ich habe es selbst nicht verstanden, bevor ich es gemacht habe. Erst dann hast du es realisiert. Ich wurde in das hier hineingeboren. Als ich geboren wurde, kam mein Vater auf einem Rennwagen an und er hat meine Mutter ins Krankenhaus gebracht, damit sich mich zur Welt bringt und er ist Rennen gefahren. Ich wurde in Seitenwagenrennen hineingeboren. Dann war ich ein Kind und wurde älter und wollte Weltmeister werden, und ich glaubte daran, dass ich es schaffen kann, und dann passierte es auch. Ich habe mich mein ganzes Leben lang darauf konzentriert, Weltmeister zu werden, und ich wusste damals nicht, wie sich mein Leben noch ändern sollte. Nach drei Weltmeisterschaften kamen die TT-Organisatoren zu mir und sagten, wir würden uns freuen, wenn Du zur TT kommst und ich sagte: „Nein“. Sie sagten, dann: „Wir können dir ein Wochenende schenken und alles bezahlen und du kommst und schaust es dir an“ und ich sagte „okay“. Also ging ich hin und schaute mich um. Es hat mich wirklich erschüttert und es zeigte mir wirklich, was ich bisher getan habe und wie ich mein Leben ausgerichtet habe. Ich bin nicht wegen des Geldes hingegangen, es hat mich wirklich angezogen! Man wird wie ein Gleichberechtigter behandelt. Egal ob John McGuiness, Peter Hickmann, ihr seid alle gleich. Man wir nicht unterteilt in Seitenwagen und Solos, sie sind TT-Fahrer. Das ist eine andere Fangemeinde. Zudem kann man in zwei Wochen genug verdienen, um ein Jahr lang davon zu leben.“

Wie ist es nun hier zu sein, in Schleiz?

Tim Reeves: „Schleiz ist ein besonderer Ort. Im Osten Deutschlands gibt es eine Menge Leute, die Seitenwagensport unterstützen. Ich habe viele Leute getroffen, die mich fragen, warum ich hier bin. Wir werden auch zur IDM wiederkommen. Es ist schön, hier zu sein. Aber die TT steht an erster Stelle. Ich habe den Organisatoren der Weltmeisterschaft gesagt, dass ich auf der TT fahren werde und andere Rennfahrer auch. Nicht einmal in der Geschichte vorher ist es passiert, dass ein Rennen auf die TT gelegt wurde. Das hat die Rennen von anderen auch zerstört. Und es ist ein großer Brocken für mich, denn so kann ich nicht an der Weltmeisterschaft teilnehmen.“

Dein Plan ist es auch weiterhin die IDM zu bestreiten und vielleicht auch einzelne Läufe der Weltmeisterschaft?

Tim Reeves: Im Moment bin ich für mehr Action bei der IDM dabei, aber ich finde es ein bisschen unfair, weil Markus nicht alles mitmacht. Er macht nur noch zwei davon und es macht mir keinen Spaß, wenn es niemanden zum Kämpfen gibt. Es macht mir Spaß, mit Markus zu kämpfen. Ich hatte einige Probleme mit meinem Nacken von dem Unfall in Hengelo, ich habe meine Sicht nach 5 oder 6 Runden verloren, aber wir haben einen wirklich guten Kampf mit ihm. Das ist der Grund, warum ich zum Rennen komme, ich muss kämpfen, um zu gewinnen und nicht nur um herumzufahren. Doch wir werden sehen, was bei der WM in Spa passiert und wie die Ergebnisse sind. Man weiß ja nie was passiert.“

Wir bedanken uns bei Tim für das aufschlussreiche Gespräch und wünschen ihm und seinem Beifahrer Kevin als Newcomer, sowie allen TT-Fahrern egal ob Gespann oder Solo eine unfallfreie und erfolgreiche Zeit auf der „Isle of Man“.

Interview und Foto: Doreen Müller-Uhlig

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