Nachwuchsförderung mal anders – die Pitbike-Szene gibt Vollgas

Einmal im Monat wird es richtig laut in Grimma, denn dann gehört die Karthalle den Motorsportfreunden von Pitbike1. Immer mehr Männer und Frauen finden gefallen an den geschrumpften Motorrädern und steigen auf Pitbikes um. Auf den Mini-Motorrädern lässt sich nicht nur wunderbar driften. Auch an Max Böttcher ging der aufkommende Hype um die Pitbikes nicht spurlos vorüber. Der 29-Jährige ist seitdem er denken kann auf Zweirädern unterwegs und war bereits sechs Jahre auf Straßenmotorrädern in diversen Rennserien aktiv und hat sein Leben schon immer dem Motorradrennsport gewidmet.
2018 hörte er erstmals von den kleinen Rennmaschinen und begann mit einer 140er MRF selbst zu trainieren. Schnell kamen immer mehr begeisterte Motorsportfreunde dazu und schlossen sich dem Leipziger an. „Das Projekt Pitbike1 begann ohne, dass ich es merkte. Es kamen Freunde, die ebenso fahren wollten und so ein kleines Motorrad testen wollten“, erinnert sich Böttcher an die Anfänge. „Ich liebe es, Menschen zu verbinden und ihnen etwas zu ermöglichen und gemeinsam unsere Leidenschaft auszuleben.“
Mittlerweile ist aus dem zeitweisen Training ein zweiter Fulltime-Job geworden und die „Pitbike1 Gang“ um ist einige Personen gewachsen, die Böttcher im Hintergrund bei der Organisation von Pitbike-Veranstaltungen, dem Coaching einzelner Personen oder Kleingruppen sowie beim Verleih oder dem Aufbau und Verkauf von Pitbikes unterstützen. Dabei sind die Veranstaltungen von Oktober bis April oft komplett ausgebucht, denn nicht nur bei Hobbyrennfahrern erfreuen sich die In- und Outdoortrainings einer großen Beliebtheit, auch der Rennsportnachwuchs ist in Grimma oft zu Gast.
„Teilweise bis zu zehn Nachwuchspiloten haben wir vor Ort, die früher im ADAC Mini Bike Cup usw. gefahren sind. Fahrer wie Lennox Lehmann, der aktuell in der Supersport 300 WM unterwegs ist oder Red Bull Rookies Cup Pilot Freddie Heinrich können regelmäßig bei unseren Events trainieren. Sie werden auch finanziell von mir unterstützt und haben zudem bei der Buchung Vorrang“, berichtet Böttcher. Nachwuchsförderung der besonderen Art quasi, welche in Deutschland dringend notwendig ist, da die Trainingsmöglichkeiten hierzulande, besonders in den Wintermonaten, für den Zweiradsport rar gesät sind. Oftmals verhindern auch die verschiedenen Faktoren, wie Wetterbedingungen, zur Verfügung stehende Lärmtage der jeweiligen Rennstrecke oder Kosten, die für ein Rennstreckentraining in der Regel veranschlagt werden, eine adäquate Saisonvorbereitung für die einzelnen Piloten.
Pitbiken gilt jedoch nicht nur als Trainingsmöglichkeit mit Schlecht-Wetter-Garantie und als Alternative für die kalte Jahreszeit, auch körperlich ist das Training auf den Pitbikes eine echte Herausforderung für jeden angehenden Racer. „Man kann mit dem Pitbike die gleichen Sachen trainieren, wie mit einem großen Bike“, wirbt Böttcher für die Mini-Maschinen aus Fernost. „Egal ob Blicktechnik oder die richtige Körperhaltung, man kann den Trainingseffekt 1:1 auf das große Motorrad adaptieren und vor allem gripmäßig ist je, nachdem in welcher Halle man fährt, das Fahren am Limit gut trainierbar. Es ist ein sehr körperlich anstrengendes Training, was wiederum finanziell sehr günstig ist, wenn man die Anschaffungskosten von knapp 1700 € und die Trainingskosten bedenkt. Auch die Ersatzteile sind sehr günstig. Die kostengünstige Trainingsmöglichkeit ist zudem total fokussiert auf einen als Motorradfahrer und nicht auf das Material. Auch der Spaßfaktor dabei kommt nicht zu kurz“, so Böttcher weiter.
Mit Blick auf Motorsportnationen, wie Spanien und Italien wird schnell klar woher der Hype um die Pitbikes kommt, denn in den südlichen Ländern wird bei jeder sich bietenden Möglichkeit mit einem Motorrad und einem Pitbike trainiert.
„Wenn es heißt, wir gehen trainieren, dann trainieren die meisten dort von Kindheit an mit einem Pitbike und nutzen diese auch, um überall damit hinzufahren. Man kennt es dort nichts anders“, weiß Böttcher aus eigener Erfahrung aus dem Ausland zu berichten und hofft, dass auch hierzulande immer mehr Rennsportliebhaber die 13 bis 20 PS starken Einzylinder Motorräder mit 12-Zoll-Reifen für sich entdecken oder noch mehr Rennsportnachwuchs sich für diese Trainingsform entscheidet.
Mit der voll verkleideten GP-Variante, die auch beim ADAC mittlerweile zum Einsatz kommt, können die Rennfahrer von Morgen sich wunderbar auf den Einstieg in die ADAC-Nachwuchsserien vorbereiten. Interessenten, die nun Lust und Laune bekommen haben, sich ein Pitbike aus der Nähe anzuschauen, können sich einmal im Monat samstags von 9 bis 12 Uhr für ein Pitbike-Training unter pitbike1.de anmelden oder spontan als Besucher Benzingeruch live vor Ort schnuppern.
Text: Doreen Müller-Uhlig
Foto: Christian Keller
erschienen in der LVZ am 01.06.2022
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