Mit Alex Hofmann im Gespräch – wer sind die Gewinner und Verlierer in der WM

Beim LIQUI MOLY Motorrad Grand Prix Deutschland auf dem Sachsenring klärt sich die Frage, wer in der MotoGP die Abwesenheit von Marc Marquez nutzen wird und sich danach der neue „King of the Ring“ nennen darf. „Im Moment stellt sich der große Favorit als Titelverteidiger für mich heraus. Fabio Quartararo hat in den letzten zwei Rennen einiges richtig gemacht und sich so aufgestellt, dass es schwer sein wird, ihn zu schlagen“, bemerkt Hofmann im Telefon-Interview.
„Die Tatsache, dass er sich mit Yamaha wieder gefunden hat und er weiterhin jedes Wochenende podiumsfähig ist, ist eine Leistung, die es zu schlagen gilt. Natürlich werden auch Strecken kommen, wo er mehr zu kämpfen hat, aber auf dem Sachsenring und in Assen wird er vor der Sommerpause gut punkten können.“ Da Marc Marquez aufgrund seiner Oberam-OP fehlt, müssen alle anderen Mitstreiter zuschlagen.
„Yamaha ist nicht das leistungsstärkste Bike, hat aber ein extrem gutes Handling und funktioniert gut in Schräglage“, analysiert Hofmann die Chancen von Yamaha auf der langsamsten Strecke des Jahres. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Besonders Aprilia-Werkspilot Aleix Espargaro weckt als „Aufsteiger“ großes Interesse.
„Man konnte nicht erwarten, dass die Kombination Aleix Espargaro und Aprilia 2022 so stark ist. Nach den Wintertests sah es auch so aus als wäre Honda gut mit dabei. Aprilia war bei den Wintertests zwar schnell, konnte dies aber nie auf das Jahr rüberbringen. In diesem Jahr ist es jedoch anders, während Honda die große Enttäuschung ist.“ Mit dem ersten MotoGP-Podestplatz in Silverstone schrieb Aleix Espargaro bereits 2021 Geschichte für Aprilia und setzt seitdem die positive Bilanz fort.
Auf den ersten GP-Sieg 2022 folgten vier weitere Podestplätze in Serie auf europäischem Boden und Espargaro findet sich in seiner 19.GP-Saison plötzlich in der Rolle eines ernstzunehmenden Titelkandidaten wieder. „Der Sachsenring ist eine Rennstrecke, die ihm ganz gut liegt und die er mag. Er wird dort mit ums Podium kämpfen. Das Bike hat dort immer gut funktioniert und Aleix wird den Druck weiter erhöhen.“
Gar nichts funktioniert momentan hingegen beim japanischen Hersteller Honda. Die einstigen Führenden in der Konstrukteurswertung haben an einigen Ecken zu kämpfen, nicht nur durch den Wegfall von Marc Marquez, erklärt der ServusTV-Experte.
„Den japanischen Herstellern hat die Pandemie und die Krise mehr zugesetzt als den Europäern. Gerade was die Weiterentwicklung betrifft und die Möglichkeiten diese in den eigenen Ländern weiterzutreiben, dort waren die Einschränkungen schon groß.“ Eine Situation, an der Honda-Ersatzfahrer Stefan Bradl wenig bei seinen Einsätzen ändern kann. “Man ist weniger an der technischen Entwicklung eingebunden,“ analysiert Hofmann die Situation seines ServusTV-Kollegen.
„Stefan´s Aufgabe ist es hauptsächlich für die Einsatzfahrer auf der Strecke vorzusortieren, was aus Japan kommt. Da kam aber relativ wenig. Stefan sitzt mittlerweile viel drauf und fährt auch am Sachsenring selber und kennt somit natürlich alle Pakete. Jedoch scheint das alles nicht ausreichend zu sein für den Speed den die europäischen Werke gehen,“ schildert Hofmann die Situation in Bezug auf die Leistung, welche Aprilia, Ducati und KTM derzeit abliefern können.

Auch dafür, warum dies so ist, hat der ehemalige Rennfahrer eine Erklärung. „Aprilia hat nun ein gescheites Budget zur Verfügung gestellt bekommen. Aprilia und KTM sind zudem beides Hersteller, die den Rennsport in ihrer DNA haben“, so Hofmann. Und wie sieht es generell in der MotoGP aus, seit dem Corona im Rennsport seine Spuren hinterlassen hat und große Zuschauermagnete wie Motorrad-Ikone Valentino Rossi sich verabschiedet haben?
„Dass Rossi weg ist, ist natürlich auch ein Einschlag gewesen. Da können noch so viele italienische Fahrer in die Bresche springen und um den WM-Titel fahren. Man merkt, dass erst einmal, dass etwas passiert ist,“ erinnert sich Hofmann an die leeren Hügel in Mugello vor wenigen Wochen.
„Momentan merken wir ganz deutlich, egal wo wir hinkommen, dass es schwierig ist, wenn man mit einer Familie bei Veranstaltungen auf einmal das Doppelte zahlen soll. Aber nicht der Sport hat das Problem, das ist gerade allgemein gesellschaftlich schwierig,“ weiß Hofmann. „Die Kosten, um allein zur Rennstrecke zu kommen, sind enorm gestiegen. Parallel sehen wir jedoch, dass die Leute den Sport mögen und dass die Zuschauerzahlen konstant gut sind. Ich bin gespannt, was uns am Sachsenring erwartet,“ freut sich der 42-Jährige auf seinen nächsten Einsatz für ServusTV .
Text: Doreen Müller-Uhlig
Foto: gp-photo.de / Ronny Lekl
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